Der bessere Kompromiss: So gelingt ein Konsens
Eine Anleitung in 7 Schritten – Teil 1 von Verhandlungsführung für Experten
Hatten Sie nach einem mühsam errungenen Kompromiss auch schon mal so ein schales Gefühl? Sie hatten genaue Vorstellungen und Ziele und nach dem Kompromiss bleibt nur eine Winzigkeit von dem übrig, was Sie eigentlich erreichen wollten? Dann gehen Sie in Ihrer nächsten Verhandlung einen Schritt weiter und streben Sie einen Konsens an. Das wird nicht nur Sie zufriedener stimmen, sondern auch Ihre Verhandlungspartner. Bei einem Kompromiss sind beide – oder mehrere – Seiten bereit, soweit von ihren Ursprungsvorstellungen abzurücken, bis auch die anderen Beteiligten zufrieden sind. Am Ende haben oft alle das Gefühl, mehr Zugeständnisse als die anderen gemacht zu haben. Oder aber eine Seite ist besonders geschickt und muss kaum Zugeständnisse machen. Zurück bleiben unzufriedene Partner, die in der weiteren Zusammenarbeit das Ergebnis vielleicht immer wieder in Frage stellen, um doch noch zu ihrem Recht zu kommen.Konsens finden
Bei einem Konsens hingegen wird zunächst ein gemeinsames Ziel erarbeitet, an dem dann alle arbeiten. Also: anstatt Einzelziele zu beschneiden, bemüht sich der Konsens um ein Gesamtziel. Nicht immer wird ein Konsens möglich sein. Es lohnt sich aber, ihn anzustreben. Denn wenn er erreicht werden kann, sind viele Widerstände aus dem Weg geräumt und klarerweise ist es dann viel leichter, an einem Strang zu ziehen. Konsens finden
Die Stufen zum Konsens
Consensus arbeitet bei Verhandlungen mit einer sehr genauen Abfolge. In drei Phasen und mit sieben Elementen werden die Partner durch teils schwierigste Verhandlungen geführt
- Phase A: Voraussetzungen schaffen durch
1. Kommunikation
2. Beziehungen - Phase B: Themenauseinandersetzung
3. Interessen
4. Optionen
5. Normen - Phase C: Treffen der Entscheidung
6. Alternativen
7. Verpflichtungen
Ich möchte in den nächsten Wochen in losem Ablauf die einzelnen Phasen und ihre Bedeutung genau unter die Lupe nehmen. Konsens finden
Kommunikation – die Basis aller Verhandlungen (Konsens finden)
Paul Watzlawick hat in seinen fünf Grundannahmen über Kommunikation die Folgende an die erste Stelle gesetzt:
Wir können nicht nicht kommunizieren
Kommunikation ist nicht nur Sprache. Selbst wenn Sie also einem Verhandlungspartner oder einer -partnerin nur gegenübersitzen, senden Sie schon eine Botschaft. Allein Ihre Anwesenheit sagt: „Ich bin hier, um etwas zu erreichen.“ Mit welcher Einstellung Sie gekommen sind, um das zu tun, darüber kann Ihre Körperhaltung, Ihr Händedruck, Ihr Augenkontakt Bände sprechen. Sie legen damit die Basis, für alles was anschließend passiert. Ihr Gegenüber tut genau das Gleiche. Konsens finden
Kongruentes Verhalten
Viele von uns haben außerdem sehr empfindliche Antennen dafür, ob das Gesagte mit der Körpersprache übereinstimmt. In der Psychologie spricht man dann von „kongruentem“ Verhalten. Gemeinhin reden wir davon, ob jemand authentisch ist, oder eben nicht. Was wir aber eigentlich meinen, ist ob wir jemanden als kongruent erleben. Also, ob seine Körpersprache das unterstützt, was er oder sie mit Worten ausdrückt. Wir alle haben schon mal erlebt, wie unangenehm es sich anfühlt, mit einem falschen Lächeln bedacht zu werden. Und wir haben sicher selbst oft genug auch ein falsches Lächeln aufgesetzt. Bedenken Sie beim nächsten Mal, dass Sie damit einen negativen Eindruck hinterlassen, den zu neutralisieren Sie einiges an Überzeugungsarbeit kosten wird. Konsens finden
Zuhören
Wir alle möchten gehört und verstanden werden. Überraschen Sie Ihre Partner und lassen Sie ihnen den Vortritt. Wenn Ihr Gegenüber durch Ihr Interesse Ihre Wertschätzung erfährt, ist es eher bereit, Ihnen die gleiche Wertschätzung entgegenzubringen.
Es klingt so banal, aber in jedem Fernsehinterview können wir beobachten, wie schwer es ist andere ausreden zu lassen. Statt zu unterbrechen, notieren Sie sich alles, was Sie zu einem späteren Zeitpunkt sagen möchten.
Wie angenehm sind dagegen Menschen, die in Talkrunden wirklich zuhören und das Gegenüber nicht lediglich als Stichwortgeber sehen. Selbst über das Fernsehen können wir wahrnehmen, wenn jemand mit echtem Interesse bei der Sache ist. Überlegen Sie sich: Wie möchte ich wahrgenommen werden? Beim Zuhören haben Sie eine großartige Gelegenheit, sich den anderen interessiert und respektvoll zu präsentieren. Nutzen Sie diese Möglichkeit. Vielleicht hilft Ihnen ein kleiner Gegenstand, wie ein Stein, oder ein Armband, der Sie an Ihren Vorsatz erinnert und den Drang zu unterbrechen, bändigt.
Suchen Sie Augenkontakt. So signalisieren Sie, dass Sie aufmerksam sind und ganz auf das konzentriert, was Sie hören. Konsens finden
Neugierig bleiben
Irgendwo habe ich mal gelesen „Was ich sagen will, kenne ich schon.“ Dieser Satz hat mich in seiner Einfachheit und Erkenntnis wirklich umgehauen. Denn genau so ist es. Es kann schon auch vorkommen, dass man beim Sprechen neue Einsichten und Ideen entwickelt, aber im Großen und Ganzen krankt unsere Kommunikation doch daran, dass wir vor allem Unseres loswerden wollen. Während der andere also redet, formulieren wir oft im Kopf unsere Replik. Und verpassen dabei die Chance, etwas Neues zu erfahren und zu verstehen.
Sprechen Sie Unklarheiten an und stellen Sie Rückfragen. „Habe ich richtig verstanden, dass….“ ist eine gute Möglichkeit, das Gehörte zusammenzufassen und Missverständnisse aufzudecken. Verfallen Sie nicht dem Glauben, Ihr Gegenüber zu durchschauen und das was es sagen möchte schon zu wissen.
Eine der schönsten Regeln ist für mich „Die Absichten des anderen sind gut“. Gestehen Sie Ihrem Verhandlungspartner zu, dass auch er – genau wie Sie – wohlmeinende Interessen verfolgt. Für sich, oder für eine Gruppe. Das ist eine Sache, die Sie mit Ihrem Gegenüber teilen. Halten Sie sich das vor Augen, auch wenn es schwierig scheint. Diese Vorstellung hilft ungemein, um dem Gegenüber mit echtem Interesse zu begegnen. Und da haben wir auch eine weitere Gemeinsamkeit: auch wir wollen mit wohlwollendem Interesse beachtet werden. Ihr Partner ist da genauso wie Sie. Versuchen Sie sich an diese Gemeinsamkeiten zu erinnern, wenn Sie an Ihre Grenzen kommen. Konsens finden
Sprechen
Irgendwann sind Sie an der Reihe und tragen Ihr Anliegen vor. Finden Sie heraus, welchen Wissensstand die anderen haben. So vermeiden Sie einerseits, dass Sie belehrend empfunden werden und beschämen andererseits nicht durch die Annahme „das muss doch klar sein“. Formulierungen wie „es ist ja allgemein bekannt“ sind echte Killerphrasen.
Geben Sie keine ungefragten Ratschläge. Sie können davon ausgehen, dass die andere Seite sich bereits eingehend Gedanken gemacht hat und Ihre Ideen bereits diskutiert und aus guten Gründen verworfen wurden. Wenn Sie das Gefühl haben, jemanden auf eine Fährte bringen zu wollen, dann tun Sie das mit Fragen.
Wenn Sie Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit ansprechen wollen, dann halten Sie sich von Schuldzuweisungen fern. Die führen höchstens zu einer Verteidigungshaltung. Benennen Sie lediglich warum Sie Probleme haben und nicht durch wen. So eröffnen Sie dem anderen die Möglichkeit eine Lösung anzubieten. Konsens finden
Tipp zur leichten Umsetzung: Gewaltfreie Kommunikation
Für eine ganz hervorragende Methode halte ich die gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg. Unglücklich finde ich eigentlich nur die Bezeichnung. Es geht nämlich nicht nur darum, Kraftausdrücke, Beschimpfungen in unserer Kommunikation zu eliminieren und nicht übereinander herzufallen, sondern darum wie wir durch unsere Sprache Klarheit über uns selbst erreichen und wertfrei vermitteln, was uns beschäftigt. Ich möchte an dieser Stelle nur den Gesprächsfahrplan vorstellen. Weiter unten finden Sie Links, wenn Sie mehr über das Thema wissen wollen. Konsens finden
Zuhören
- Beobachtung: „Wenn ich das Thema Überstunden anschneide, sehen Sie auf die Uhr“
- Gefühl: „Kann es sein, dass Ihnen das Thema unangenehm ist“
- Bedürfnis: „und Sie jetzt dafür keinen Kopf haben“
- Bitte: „Sollen wir lieber zu einem anderen Zeitpunkt darüber sprechen?“
Beim Zuhören versetzen Sie sich in die Situation Ihres Gegenübers. Sie bringen ihm Empathie entgegen.
Selbstmitteilung
- Beobachtung: „Wenn ich das Thema Überstunden anschneide, sehen Sie auf die Uhr“. (Sie äußern nur was Sie und auch andere wahrnehmen können)
- Gefühl: „Ich fühle mich dann unsicher“
- Bedürfnis: „weil es mir wirklich wichtig ist, dass Sie mich verstehen“
- Bitte: „Bitte sagen Sie mir, was Sie brauchen, damit wir darüber reden können“
Im Geschäftsleben werden Sie das Zuhören vermutlich praktikabler finden, als die Selbstmitteilung. Aber behalten Sie auch die Selbstmitteilung als Möglichkeit im Kopf.
Ich mag das Modell deshalb so gerne, weil man ein richtiges Werkzeug hat, um klar zu bleiben und Druck aus angespannten Momenten zu nehmen.
Und wenn Sie sich in schwierigen Situation fragen „Warum soll nur ich das alles beherzigen und die anderen können weiterhin in alten Mustern verharren?“, machen Sie sich bewußt: Wer mehr Wissen und Einsicht hat, hat auch die Verantwortung sie einzusetzen.
Linktipps
Welchen Kommunikationsstil pflegen Sie?
Gewaltfreie Kommunikation:
http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at
http://www.gewaltfrei-kommunizieren.de/grundl.htm
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