Gestern Kollege, heute Vorgesetzter – so gelingt der Wechsel
Die Beförderung gilt vielen als der ultimative Ritterschlag. Man hat in der Vergangenheit offenbar gute Arbeit geleistet und wird von Vorgesetzten und Geschäftsführern geschätzt. Eine Beförderung heißt auch: in mir steckt mehr und das sehen auch andere so. Sie ist eine Chance zum Wachsen.
Wer nicht völlig von sich selbst eingenommen ist, ahnt aber auch, dass es einige Herausforderungen zu meistern gilt. Dabei geht es weniger um die fachlichen Komponenten, als vielmehr um die zwischenmenschlichen. Ab jetzt sind Sie nicht mehr nur für Ihre eigene Arbeit verantwortlich. Sie müssen auch dafür sorgen, dass Ihre Mitarbeiter gute Bedingungen vorfinden. Sie haben es mit einem handfesten Rollenwechsel zu tun. Das neue Büro, der Dienstwagen und der Assistent allein werden nicht reichen, damit Sie Ihre neue Rolle gut ausfüllen. Diese Insignien sind zwar deutliche Zeichen, dass sich etwas gravierend geändert hat. Den Beweis, dass Sie Ihre Rolle entsprechend wahrnehmen, müssen Sie aber selbst antreten.
Der Krux: meist wird man auf diesen Rollenwechsel nicht vorbereitet, oder dabei begleitet. Er findet einfach statt.
Der Schweizer Personaldienstleister Robert Half befragte 100 Personalverantwortliche. Als häufigste Befürchtungen nach einer Beförderung wurden genannt:
- Erfüllen gesteigerter Erwartungen (sowohl von Vorgesetzten als auch Mitarbeitern)
- Priorisierung der Projekte
- Zeiteinteilung für die eigenen Projekte und Teamführung.
In anderen Umfragen wurde noch die Angst genannt, nicht genügend Autorität zu haben, bzw. von den Mitarbeitern in der neuen Rolle nicht anerkannt zu werden.
Alles sehr nachvollziehbare Bedenken. Es ist deshalb empfehlenswert, sich in der Zeit bis zur Beförderung auf den Rollenwechsel vorzubereiten. neu in der Führungsrolle
Welcher Chef will ich sein?
Als Chef oder Chefin werden Sie sich ganz anders abgrenzen müssen. Fragen Sie sich deshalb, welchen Führungsstil Sie annehmen möchten. Sie haben ja schon Erfahrung als geführter Angestellter. Nutzen Sie diese Erfahrungen, um Ihre eigene Rolle zu klären.
- Was hat mir in schwierigen Situationen geholfen?
- Unter welchen Arbeitsbedingungen arbeite ich am besten?
- Welche Erwartungen habe ich an meine Mitarbeiter?
- Welche Erwartungen habe ich an mich?
- Welchen Kommunikationsstil bevorzuge ich?
- Welche Qualitäten schätze ich an meinen Vorgesetzten?
- Welche Eigenschaften meiner Vorgesetzten erlebe ich als hinderlich?
Bei einer internen Beförderung haben Sie einen großen Vorteil: Sie konnten die Beziehung zwischen Vorgesetzten und Ihren Kolleginnen und Kollegen bereits beobachten. Daraus können Sie für sich wichtige Erkenntniss ableiten. Wer
- reagiert gut auf konkrete Anweisungen?
- braucht größtmögliche Entscheidungsfreiheit?
- kommuniziert wie? (Knapp und sachlich; auschweifend; karg bis gar nicht)
Je klarer Sie sind, desto leichter wird auch den ehemaligen Kolleginnen und Kollegen der Umstieg fallen. Verwechseln Sie aber bitte nicht „Rollenwechsel“ mit „Persönlichkeitswechsel“. Sie sind und bleiben die gleiche Person. Es gibt keinen Grund sich zu verstellen. Ihre Autorität wird z.B. nicht wachsen, weil Sie plötzlich eine zackigere Sprache annehmen.
Die Rolle im Team
Als Chefin oder Chef sind Sie natürlich weiterhin ein Teil des Teams. Allerdings sollte jetzt noch mehr das „Wir“ im Vordergrund stehen. Das bedeutet auch, dass Ihre bisherigen Lieblingskollegen nicht von Ihnen bevorzugt werden (indem Sie mit Ihnen z.B. mehr Informationen teilen). Sie werden sich vielleicht in der Situation finden, Kollegen zu führen, mit denen Sie bisher Schwierigkeiten hatten. Diese Kollegen brauchen jetzt von Ihnen die Sicherheit, dass Sie Ihre neue Rolle nicht mißbrauchen. Ihre Resentiments werden Sie vielleicht nicht so schnell los. Achten Sie aber darauf, dass die sich nicht in Ihren Handlungen zeigen.
Eine befreundete Lehrerin hat mir einmal auf meine Frage, wie sie denn mit Kindern umgehe, die ihr unsympathisch seien, Folgendes geantwortet: „Ich habe von Anfang an beschlossen, gerade mit diesen Kindern besonders korrekt umzugehen“. Das hat mich sehr beeindruckt. Eine gute Handlungsanweisung an einen selbst. Sie steckt den Rahmen ganz klar ab und unterbindet Grenzüberschreitungen. neu in der Führungsrolle
Richtig delegieren
In Ihrer neuen Rolle werden Sie vermehrt delegieren. Delegieren ist eine Aufgabe, die einerseits Vertrauen voraussetzt, andererseits die Kompetenz, Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter richtig einzuschätzen.
Hinderlich ist dagegen
- ein ausgeprägtes Kontrollbedürfnis (dann werden Sie zu wenig delegieren), oder
- die Annahme sich als Chef aller mißliebigen Aufgaben entledigen zu können (dann delegieren Sie zu viel und die falschen Aufgaben).
Kurz gesagt: Ihre neuen Mitarbeiter und Ex-Kollegen müssen sich sicher sein, dass Sie ihnen zutrauen ihre Aufgaben gut zu erledigen. Achten Sie gleichzeitig darauf, nicht nur ungeliebte Aufgaben zu delegieren. neu in der Führungsrolle
Rückblick
Nehmen Sie sich Zeit, in die Rolle hineinzuwachsen. Üblicherweise zieht man nach 3 Monaten eine erste Bilanz. Diese Zeit steht Ihnen zur Verfügung, um sich einen Überblick zu verschaffen und das neue Teamgefüge zu etablieren.
Damit Sie diese Zeit auch sinnvoll nutzen, stellen Sie sich Fragen, die Sie nach den 3 Monaten beantwortet haben möchten. neu in der Führungsrolle
1. Fachlich
- wer ist wofür zuständig
- laufende Projekte und deren Stand
- zukünftige Projekte
- welche Qualifikationen sollten Sie sich zusätzlich aneigenen (dazu gehören auch Führungskompetenzen)
2. Teamrelevant
- welche Erwartungen hat das Team, bzw. jeder Einzelne
- wo funktioniert die Kooperation gut, wo ist sie dysfunktional
- wen kann ich wie fördern
Jetzt können Sie auch einen ersten Soll-Ist-Vergleich zur Frage „Welcher Chef, welche Chefin möchte ich sein?“ ziehen.
- Wie gut passen meine Vorstellungen mit der Realität zusammen?
- Wo brauche ich Unterstützung?
Ihre neuen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden Ihre ernsthaften Bemühungen es zu schätzen wissen und Ihnen anfängliche Fehler gerne nachsehen.
neu in der Führungsrolle
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